Kinderspiele ab 6 Jahren

Reiner Knizia: Wer war’s?

Der Karton ist viel zu groß und viel zu leer, die simple Mechanik beinahe unnötig in eine globige elektronische Kiste gestopft, das Spiel aber immer wieder fesselnd. Der magische Ring, der das Königreich vor dem bösen Zauberer schützt, wurde gestohlen und nur die Kinder können es retten. Denn nur sie können mit den Tieren sprechen, die wissen, wer den Ring geklaut hat. Von den Tieren aber bekommt nur Hinweise, wer sie mit den richtigen Leckereien füttert. Die Kinder also hasten durch das Schloss, um Tiernahrung und Hinweise zusammen zu suchen, wobei ihnen das Schlossgespenst regelmäßig in die Quere kommt. Das verlangt von den Kindern ein wohlüberlegtes Vorgehen, ohne dass bei Misserfolg echter Frust aufkäme. Dafür ist das Spiel einfach zu spannend. Mit Wer war’s? ist es dem unglaublich produktiven Autor Reiner Knizia gelungen, ein kooperatives Spielerlebnis für Grundschüler zu schaffen, das durch seinen Wettlauf gegen die Zeit in seinen Bann zieht, was ihm 2008 den Preis Kinderspiel des Jahres einbrachte. Obwohl die elektronische Kiste die immer gleichen Sätze spricht, kommt Atmosphäre auf, manches geht gar in den familiären Sprachgebrauch über: „Ich bin die Fee, ich werde dir helfen!“

Reiner Kinzia: Wer war’s? Mitbringspiel

Wem das Spiel zu teuer oder zu voluminös ist, bekommt mit dem gleichnamigen Mitbringspiel, eine sehr preisgünstige Reduzierung aufs Grundprinzip. Das versprüht weniger Atmospähre, dafür bekommt man die geniale Mechanik von Knizia unverüllt zu Gesicht.

RangSpielTypAlterSpielerGlückInteraktion
1Wer war’s?Kooperation6-102-4mittelviel
2BiberbandeMerken6-102-6mittelviel
3LeoKooperation6-102-5mittelviel
4Wilde WikingerVersteigerung6-103-5wenigviel
5Von 0 auf 100Deduktion6-122-5wenigviel
6SpinderellaLaufen6-102-4vielmittel
7Viererreihe 3DTaktik6+2keinsviel
8MalefizLaufen6-122-6vielmittel
9KakerlakensalatKommunikation6+2-6wenigwenig
10QwirkleLegen6+2-4mittelwenig
11SagalandMerken6-102-6vielmittel
12Fang den HutLaufen6-82-4vielviel
Monty & Ann Stambler: Biberbande

Ebenfalls preiswert ist der Klassiker Biberbande. Mit ihrem Spielprinzip haben Monty und Ann Stambler ihre Zielgruppe so genau getroffen, dass es mittlerweile gleich mehrere Nachahmer gefunden hat wie Cabo oder Skyjo. Bei Biberbande versucht man im Laufe des Spiels die vier eigenen Karten so zu tauschen, dass man einen möglichst niedrigen Gesamtwert erreicht. Damit die Aufgabe nicht zu leicht ausfällt, liegen die Karten verdeckt auf dem Tisch und man muss erstmal Detektivarbeit betreiben. Irgendwann rechnet sich jemand mit seinem Blatt gute Chancen aus und schlägt zur letzten Runde, in der dann nur zu hoffen bleibt, dass die anderen nicht zu viele Tauschkarten haben, um ihre Nieten mit den eigenen Prunkstücken auszuwechseln. Ein Spiel, das einige Wendungen zu bieten hat.

Leo Colovini: Leo muss zum Friseur

Selten wird eine Geschichte so wunderbar transportiert: Leo muss zum Friseur und trifft im Dschungel allerhand Bekannte mit denen er sich verquatscht! Hier entdeckt er ein Zebra, dort einen Papagei. Wenn dann noch eine hübsche Löwin seinen Weg kreuzt, rückt der Abend rasch näher. Wenn er es deshalb nicht zum Friseur schafft, versucht er es am nächsten Tag erneut. Wieder liegen die Plättchen verdeckt vor den Spielern, aber da die Reihenfolge nicht verändert wird, kann man gemeinsam sich beraten und das Wissen vom Vortag nutzen, um den Plappermäulern auszuweichen oder sie mit der richtigen Karte abzuwimmeln. So kommt man jeden Tag ein Stück weiter und schafft es irgendwann bis zum Friseur. Bei diesem schönen, von Leo Colovini entworfenen Spielverlauf ist es geradezu schade, wenn Leo mal nicht so gesprächig ist und recht schnell seinen Weg findet, was glücklicherweise nicht so oft vorkommt.

Wolfgang Dirscherl: Wilde Wikinger

In einer kleinen, aber schweren Schachtel stecken Wilde Wikinger. Ein Spiel von Wolfgang Dirscherl, bei dem sich alles um Edelsteine dreht, die aus richtigem Glas bestehen. Auch die Karten sich ansprechend gestaltet. Von denen braucht man die Mehrheit sobald das gleichfarbige Schiff anlegt und bekommt so viele Edelsteine, wie sich darauf angesammelt haben. Welches das sein wird, darüber bestimmt der Würfel, sodass Spannung garantiert ist. Die Regeln sind zwar einfach und für Kinder leicht verständlich, aber ein wenig Taktik ist schon gefragt: Soll man sich jetzt wenige Edelsteine sichern oder auf größere Beute später hoffen?

Dominique Erhard: Von 0 auf 100

In Von 0 auf 100 setzt Dominique Erhard ein für Kinder attraktives Thema unterhaltsam um, sodass es auch Erwachsene anspricht. Sechs Rennautos stehen am Start und jeder zieht verdeckt seine Farbe. Jeder weiß also nur, welches das eigene Auto ist. Dann bewegt man reihum ein beliebiges Fahrzeug vorwärts, indem man von den ausliegenden Zahlen 1 bis 5 aufsteigend jeweils ein Fahrzeug um die entsprechende Zahl Felder fortbewegt. Der erste Spieler fährt also beispielsweise das rote Auto ein Feld vorwärts, der zweite das blaue zwei Felder usw. Schließlich gilt es bei den letzten beiden Autos zu entscheiden, welches fünf Felder vorwärts fährt und welches stehen bleibt. Das Ganze erinnert von der Spieldynamik an Heimlich & Co, weil jede/r versucht herauszufinden, wem welches Auto gehört, um es möglichst langsam vorwärts kommen zu lassen. Von 0 auf 100 bleibt eine ganze Weile unterhaltsam, weil Varianten für Ältere enthalten sind.

Roberto Fraga: Spinderella

Spinderella von Roberto Fraga macht richtig etwas her: Spinnen seilen sich hier tatsächlich von oben ab, um sich Ameisen zu schnappen. Da macht es fast nichts, dass sich das Spiel selbst wie ein typisches Würfelspiel spielt. Man gewinnt nicht selten durch haarstreubende Zufälle: Der Holzstumpf, der eigentlich wie vieles andere komplett aus Plastik ist und ganz am Anfang des Weges stand, wird kurz vors Ziel gesetzt und schon hat man seine Ameise durch, die zufällig gerade drauf sitzt. Selbstverständlich geht das Gleiche auch manchmal genau in die andere Richtung. Immer wieder für große Heiterkeit sorgt natürlich, wenn sich jemand mit der Spinne eine Ameise kurz vorm Ziel krallt. Man merkt schon: Es fehlt ein wenig an der Balance, die diese Glückslastigkeit ausgleicht, sodass es nicht unbedingt spannend wird. Trotzdem wurde Spinderella 2015 Kinderspiel des Jahres, denn das Spiel macht wirklich etwas her.

4 gewinnt 3D

Jede und jeder kennt 4 gewinnt, deutlich weniger aber das gleiche Spielprinzip in drei Dimensionen. Die dritte Dimension macht die Angelegenheit aber erst so richtig spannend. Bei Viererreihe 3D ist die Lage nicht so leicht zu überblicken, nicht so leicht ins Patt zu spielen und nicht so schnell zu Ende. Dafür ist räumliches Vorstellungsvermögen gefragt. Anfangs übersieht man noch oft etwas. Das legt sich aber schnell. Der Klassiker 4 gewinnt ist jedenfalls dreidimensional immer wieder ein packendes Spiel für zwischendurch.

Werner Schöppner: Malefiz
Werner Schöppner: Malefiz

Malefiz gilt vielen als das bessere Mensch ärgere dich nicht, was wohl nicht zuletzt daran liegt, dass es vom alten indischen Ururgroßvater Pachisi die Blockadesteine wieder zum Leben erweckt. Diese gilt es aus dem Weg zu räumen, ehe man weiter ziehen darf, weshalb man sich dann viel öfter über 1er statt über 6er freut. Langsam also geht es Richtung Ziel und schon so manches Mal wurde jemand kurz vor demselben noch der Zug entrissen. Malefiz ist spannender, gemeiner und taktischer als Mensch ärgere dich nicht, aber ebenso langwierig.

Jacques Zeimet: Kakerlakensalat

Karte für Karte ziehen wir reihum jeweils von unserem Stapel, legen die Karte in die Mitte und benennen, was auf der Karte abgebildet ist – oder eben gerade nicht je nachdem, was gerade für andere Karten ausliegen. Das bringt eine/n schon mal aus dem Konzept und den ein oder anderen Knoten in die Zunge. Wie durch einen Fluch scheint sich immer dann ein Fehler einzuschleichen, wenn man nur noch drei, zwei oder gar nur eine Karte hat. Sogleich findet man sich wieder im Besitz eines großen Stapels, weil der sich um all das vermehrt, was sich in der Mitte angesammelt hatte. Unter Kindern und damit nüchternen Spielern nimmt Kakerlakensalat von Jacques Zeimet ein wenig den Charakter einer Konzentrationsübung an. Der ganz große Spaß ist es in seiner ewigen Wiederholung nicht, aber es macht Laune. Unter Erwachsenen, die der Jugend verbotene Substanzen zu sich nehmen, sieht das freilich etwas anders aus.

Susan McKinley Ross: Qwirkle

Susen McKinley Ross lässt uns reihum Farben und Symbole richtig sortiert anlegen. Wer die Reihe, d. h. das Qwirkle voll macht, bekommt Extrapunkte. Gemessen daran wirkt Uno beinahe wie ein Strategie-Spiel und zwar eins, bei dem man wenigstens gemein sein kann. Qwirkle hingegen plätschert vor sich hin. Die Frage, welches Klötzchen man nun sinnvollerweise anlegt, stellt sich nur selten. Zumindest wenn man immerzu brav durchgeht, welche Möglichkeiten es gibt. Genau damit ist man die meiste Zeit beschäftigt, so dass es sich anfühlt, als würde man Puzzle spielen. Das Material fühlt sich toll an, aber leider sind die Farben so gewählt, dass es für Leute mit Farbsehschwäche schwierig bis unmöglich zu spielen ist. Trotzdem hat es 2011 zum Spiel des Jahres gereicht.

Alex Randolph, Michel Matschoss: Sagaland

Erst braucht man Glück, um auf die richtigen Felder zu kommen, bei denen man unter die Bäume schauen darf, um sich das Märchen zu merken. Dann braucht man Glück, um schnell genug, am Schloss zu sein. Schließlich braucht man noch Glück, damit man nicht von den anderen geschmissen wird, um auch die nächste Karte abzugreifen. Sagaland von Brettspiel Pionier Alex Randolph und Co-Autor Michel Matschoss schwankt zwischen mühsam und turbulent, aber man hängt immer am Würfel, wie an einer Droge. Kinder können früh mitspielen und finden es auch mal ganz witzig, aber das geht schnell vorbei – zumindest bei der Auswahl heute. 1982 gab es dafür noch den Preis Spiel des Jahres.

Fang den Hut

Fang den Hut ist ein Würfelspiel aus der ersten Frühzeit der Brettspiele: 1927. Wir versuchen mit Würfelglück die Hütchen der anderen einzufangen und nach Hause zu bringen. Das klingt lustig und ist es eigentlich auch, wenn das Spiel nur nicht die defensive Spielweise belohnen würde. Wenn die Kinder das verstanden haben, dann sitzen alle vorsichtig auf den sicheren Plätzen und lauern darauf, dass die anderen aufgrund von Würfelpech runter fahren müssen – und Zack stürzen sich alle darauf. Bis das Spiel dann endet, kann das schon mal zäh werden.

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