Reisespiele für Familien

Alan R. Moon: Zug um Zug
Alan R. Moon: Zug um Zug

Zug um Zug ist kein verkopftes, verbissenes Spiel. Es geht locker von der Hand und bedient die Freude, die viele dabei verspüren, etwas Planen und Aufbauen zu dürfen. Das Thema Eisenbahnbau in Amerika tut dazu sein Übriges. Spannung kommt dadurch auf, dass andere die eigenen Pläne durchkreuzen, wenn man zu spät eine wichtige Teilstrecke baut. Dazu gehört ein wenig Geschick beim Kartensammeln. So weit ist das Spiel auch mit Kindern reizvoll. Der einzige Haken ist, dass schlussendlich das Glück beim Nachziehen der Auftragskarten über Sieg oder Niederlage entscheidet, wozu eine gewisse Rücksichtslosigkeit gehört, schlimmstenfalls Minuspunkte einzufahren, die jüngeren Kindern in der Regel abgeht. Trotzdem ist das teilweise verzweifelte Fertigstellen von Strecken gegen alle gegnerischen Unbilden immer wieder fesselnd und gleichzeitig von beschwingter Lockerheit, was Alan R. Moon 2004 die Auszeichnung zum Spiel des Jahres eintrug.

RangSpielAlterSpielerDauerInteraktionGlück
1Zug um Zug8+2-545hochmittel
2Auf den Spuren von Marco Polo12+2-460mittelwenig
3Linie 19+3-545hochmittel
4Elfenland10+3-660hochmittel
5Europareise9+2-630wenigviel
6Auf Achse9+2-650mittelviel
7Deutschlandreise7+2-630wenigviel
Daniele Tascini / Simone Luciani: Auf den Spuren von Marco Polo

Schönes Kombinatorikspiel! Aus den zahlreichen Möglichkeiten muss man Zug für Zug die beste Kombination ausfindig machen und damit fleißig Punkte ergattern. Das wunderschön aufgemachte Spiel fängt das Thema wunderbar ein: Reisen und Aufträge erfüllen. Dennoch reduziert sich das Spielgefühl sehr stark aufs reine Punktesammeln. Interaktion findet nur darüber statt, dass man sich die Einsetzfelder wegnimmt bzw. verteuert, aber das geschieht eher zufällig und so läuft das Spiel buchstäblich aneinander vorbei. Ein Gefühl, das durch die unterschiedlichen Charaktere noch verstärkt wird, wenngleich diese zum Spiel passende Abwechslung beisteuern. Durch seine ausgeklüngelten Möglichkeiten und die einnehmende Aufmachtung verbringt man trotzdem eine angenehme Zeit.

Stefan Dorra: Linie 1 (Ausgabe: Erfahre München!)

Man verlegt ein paar Schienen, sabotiert die Konkurrenz ein wenig und hofft bei der Jungfernfahrt auf Würfelglück. Fertig ist das lustige Trambahnspiel! Wunderbar schlängelt sich schließlich die Strecke über das Spielfeld und vollführt manch absurden Schnörkel, was die Kinderherzen höher schlagen lässt. Bei Linie 1 handelt es sich eigentlich um ein lockeres Familienspiel, allerdings mit ordentlichem Ärgerfaktor. Denn so richtig lustig wird es, wenn viele Wege verbaut werden, was bei höherer Spielerzahl logischerweise häufiger passiert. Entsprechend ist es fast ein wenig fad, wenn es mal rund läuft, obwohl man dann meistens gewinnt. Leider ist das Spiel von Stefan Dorra vergriffen – auch die schöne Ausgabe von der Münchner Verkehrsgesellschaft (siehe Abbildung) mit den echten Tram-Endstationen wie Grünwald, Effnerplatz oder Petuelring und Zwischenhalten Olympiapark, Maximilianeum, MVG-Museum usw.

Alan R. Moon: Elfenland

Im Elfenland bewegen wir uns von Stadt zu Stadt mit unterschiedlichen fabelhaften Transportmitteln: Drachen, Wolken, Riesen oder Einhörnern. Reihum legen wir passende davon, die dann alle benutzen können, sofern sie passende Karten haben. Es geht also darum, die bestmögliche Route zu finden, die angesichts der eigenen Karten und der ausgelegten Transportmittel möglich ist. Das ist durchaus reizvoll, kann aber auch dumm laufen, wenn andere den Weg verbauen. Das Spiel des Jahres von 1998 ist wie das oben genannte Zug um Zug ebenfalls von Alan R. Moon, der damit so etwas wie der Experte für Reisespiele ist.

Wolfgang Kramer: Europareise

Der Altmeister Wolfgang Kramer hat schon viele bestehende Spielideen deutlich verbessert und genau das ist ihm auch bei Deutschlandreise, von dem gleich noch die Rede sein wird, gelungen. Indem er bei Europareise drei Reisegesellschaften eingeführt hat, die von allen genutzt werden, läuft das Spiel interaktiver. Auch der Glücksanteil ist reduziert, weil öffentlich ausliegende Karten genommen werden können und alle Bereiche des Bretts angefahren werden müssen. Vor allem aber macht die Umsetzung der verschiedenen Verkehrsmittel Laune: Während Auto und Bahn klassisch die Verbindungslinien zwischen Städten nutzen, gibt es für Schiffe eine Kette, mit dem man die Landflächen umschiffen muss, und für Flugzeuge gibt ein Stab die Reichweite vor.

Wolfgang Kramer: Auf Achse

Von Wolfgang Kramer ist auch das Spiel des Jahres von 1987: Auf Achse! Was damals ein sehr gutes Spiel war, leidet ein wenig an der heutigen Differenzierung der Spielewelt: Als Familienspiel ist es auch in der einfachen Variante eigentlich erst einsetzbar, wenn der vierstellig Zahlenraum beherrscht wird. Dann aber wenden sich Kinder heute längst anderen Spielen zu. Zumal die Freude durch einen hohen Glücksanteil beim Würfeln und durch Ereigniskarten getrübt wird, wenn man die komplexere Versteigerungsvariante wählt.

Johann Wilhelm Stündt: Deutschlandreise

Noch viel älter ist Deutschlandreise, die Großmutter aller Reisespiele aus dem Jahr 1934. Damals waren noch denkbar einfache Mechanismen am Werk: Man nehme zufällig je zwei Karten für Städte aus vier Sektoren Deutschlands, würfele dann fleißig, um diese der Reihe nach anzufahren, und verstärke diese beiden Glückskomponenten noch durch Aktionskarten, die ins Spiel kommen, wenn man eine 6 würfelt: Fertig ist das vogelwilde Glücksspiel! Da ist es fast spannender, wenn man gleich um die Wette würfelt, ohne dabei noch durch Deutschland zu kurven.

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